Kündigung und Kündigungsfrist nach Eigentumserwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung

Kündigung und Kündigungsfrist nach Eigentumserwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung

Wird eine vermietete Immobilie zwangsversteigert, wird der Ersteher mit dem Zuschlag Eigentümer. Jedes Jahr werden in Deutschland ci. 100.000 Immobilien zwangsversteigert.

Inhalt:

1. Sonderkündigungsrecht nach Zuschlagserteilung
2. Kündigungsfrist nach Zuschlagserteilung
3. Was bedeutet Kündigungsfrist zum "ersten zulässigen Termin"?
a. Kündigungsfrist bei Wohnraum
b. Kündigungsfrist bei Geschäftsräumen
4. Ersteher kann Überlegungsfrist nutzen
5. Mieter genießt bedingt Kündigungsschutz
6. Begründung von Wohnungseigentum begründet Kündigungssperrfrist
7. Mieter hat kein Vorkaufsrecht

 

1. Sonderkündigungsrecht nach Zuschlagserteilung


Der Ersteher einer Mietwohnung wird mit dem Zuschlag im Zwangsversteigerungstermin neuer Eigentümer der Immobilie. Als neuer Eigentümer kann er gemäß § 57a ZVG ein bestehendes Mietverhältnis kündigen. Das Gesetz gewährt ein Sonderkündigungsrecht, um potentielle Interessenten zu motivieren, eine Immobilie im Zwangsversteigerungsverfahren zu erwerben. Vielfach ist der Erwerb nur interessant, wenn der Ersteher ein Mietverhältnis kurzfristig kündigen kann, insbesondere dann, wenn er die Wohnung selbst beziehen möchte.

 

2. Kündigungsfrist nach Zuschlagserteilung


Mit dem Zuschlag nach der Zwangsversteigerung tritt der Ersteher tritt als neuer Eigentümer in das bestehende Mietverhältnis mit dem Mieter ein (§§ 57 ZVG, 566 BGB). Will er sein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen, muss er die Kündigungsfrist beachten. Er kann das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist des § 573c I BGB kündigen. Die Kündigung ist allerdings ausgeschlossen, wenn sie nicht zum ersten zulässigen Termin erfolgt (§ 57a Satz 2 ZVG).

 

3. Was bedeutet zum Kündigungsfrist "ersten zulässigen Termin"?


Die Kündigungsfrist ist zum "ersten zulässigen Termin" bestimmt. Ausgangspunkt ist der Zuschlag im Zwangsversteigerungstermin. Bereits mit dem Zuschlag wird der Ersteher neuer Eigentümer. Die Kündigungsfrist beginnt zu laufen. Auf die Rechtskraft des Zuschlags kommt es nicht an. Die Rechtskraft kann nämlich hinausgeschoben werden, indem ein Verfahrensbeteiligter Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss einlegt. Selbst wenn der Zuschlagsbeschluss dann aufgehoben werden sollte, bleibt die Kündigung des Mietvertrages durch den Ersteher dennoch bestehen. Der Mieter muss ausziehen, es sei denn, er kann sich mit dem aktuellen Eigentümer auf den Abschluss eines neuen Mietvertrages verständigen.

a. Kündigungsfrist bei Wohnraum


Die gesetzliche Kündigungsfrist zum nächsten zulässigen Termin beinhaltet, dass der Ersteher von Wohnraum spätestens am dritten Werktag eines Monats mit Ablauf des übernächsten Monats kündigen muss (§ 573c BGB).

Beispiel:

1. Zuschlagserteilung erfolgt am 10.Januar 2015.
2. Kündigung bis 3. Februar 2015.
3. Kündigung wirksam zum 30. April 2015.

Diese Kündigungsfrist besteht unabhängig von der Dauer des Mietverhältnisses (vgl. § 573c BGB), so dass auch ein beispielsweise 10 Jahre in der Mietwohnung wohnender Mieter trotzdem mit drei Monaten Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Wichtig ist, dass die Kündigungserklärung dem Mieter spätestens am dritten Werktag zugegangen sein muss. Die Aufgabe zur Post allein genügt nicht.

Besonders relevant ist dieses Sonderkündigungsrecht bei einem befristet vereinbarten Mietverhältnis. Dieses kann dann vorzeitig vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit nach der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. Gleiches gilt für den Fall, dass der frühere Eigentümer als Vermieter einen Kündigungsverzicht erklärt hat.

b. Kündigungsfrist bei Geschäftsräumen


Hat der Erwerber Geschäftsräume ersteigert, muss er spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres die Kündigung erklärt haben (§ 580a II BGB). Ein berechtigtes Interesse wird nicht gefordert.

Beispiel:

1. Zuschlagserteilung erfolgt am 10.Januar 2015.
2. Kündigung bis 3. Februar 2015
3. Kündigung wirksam zum 30. September 2015
Grund: der 3. Werktag des Quartals war der 1.Januar. Dieser Termin konnte nicht genutzt werden. Maßgebend ist dann der 3. Werktag des folgenden Quartals = 3. April 2015.

 

4. Ersteher kann Überlegungsfrist nutzen


Versäumt der Ersteher diese Kündigungsfrist, entfällt das Sonderkündigungsrecht. Es spielt auch keine Rolle, ob er den erst möglichen Kündigungstermin verschuldet oder unverschuldet versäumt hat. Um in einer solchen Situation nicht überfordert sein, gesteht die Rechtsprechung dem Erwerber eine Überlegungsfrist zu, in der er die Sach- und Rechtslage überprüfen und sich über alle Umstände informieren kann, die für oder gegen die Fortführung des Mietverhältnisses mit diesem Mieter sprechen (OLG Düsseldorf ZMR 2003, 177). Welche Überlegungsfrist angemessen ist, bestimmt der Einzelfall. Um Risiken einzuschränken, sollte der Ersteher möglichst frühzeitig kündigen.

 

5. Mieter genießt bedingt Kündigungsschutz


Kündigt der Ersteher als neuer Eigentümer gemäß seinem Sonderkündigungsrecht, steht dem Mieter der Mietwohnung dennoch der normale Kündigungsschutz zu. Zusätzlich muss der Ersteher neben der Kündigungsfrist ein berechtigtes Interesse an der Kündigung geltend machen (§ 573 BGB). In der Regel wird er die Wohnung selbst beziehen wollen und somit das berechtigte Interesse mit Eigenbedarf begründen können. Wird Eigenbedarf beansprucht, muss der Mieter ordnungsgemäß über die Gegebenheiten informiert werden.

Der Mieter kann der Kündigung widersprechen und sich auf die Sozialklausel des § 574 BGB berufen, soweit er einen in seiner Person liegenden Härtegrund geltend macht.

 

6. Begründung von Wohnungseigentum begründet Kündigungssperrfrist


Wurde die Wohnung vermietet und danach Wohnungseigentum begründet, kann der Ersteher keine Kündigung wegen Eigenbedarfs innerhalb der ersten drei Jahre nach der Ersteigerung erklären. Will er wegen Eigenbedarfs kündigen, muss er diese dreijährige Kündigungssperrfrist abwarten (§ 577a I BGB). Erst dann kann er kündigen.

 

7. Mieter hat kein Vorkaufsrecht


In der Zwangsversteigerung hat der Mieter kein Vorkaufsrecht (§ 471 BGB). Der Mieter kann den Erwerb durch den Ersteher also nicht verhindern. Er hat auch dann kein Vorkaufsrecht, wenn der Ersteher die Mietwohnung dann weiterverkauft (BGH ZMR 1999, 607). Allenfalls kann sich der Mieter am Zwangsversteigerungsverfahren beteiligen und selbst mitbieten. Erhält er den Zuschlag, wird er selbst Eigentümer.

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