Fristlose Kündigung von Verträgen mit Fitnessstudios

Fristlose Kündigung von Verträgen mit Fitnessstudios

Die ordentliche fristgerechte Kündigung von Verträgen mit Fitnessstudios richtet sich nach den vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen. Soweit dazu allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet werden, kommt es auf deren Wirksamkeit nach Maßgabe der §§ 307 ff BGB an.

Ungeachtet der Möglichkeit einer fristgerechten Kündigung kommt auch die außerordentliche, fristlose Kündigung in Betracht.

Inhalt:

1. Dauerschuldverhältnisse sind aus wichtigen Gründen immer kündbar
2. Was ist ein wichtiger Grund?
3. AGB können fristloses Kündigungsrecht nicht ausschließen oder beschränken
4. Welche Kündigungsfristen sind einzuhalten?
5. Wann ist eine Abmahnung erforderlich?
6. Welche wichtigen Gründe sind anerkannt?
a. Dauerhafte Erkrankung
b. Unmöglichkeit sportlicher Betätigung
c. Wohnungswechsel/Umzug
d. Schwangerschaft
e. Änderungen auf Seiten des Fitnessstudios

 

1. Dauerschuldverhältnisse sind aus wichtigen Gründen immer kündbar


Verträge mit Fitnessstudios werden regelmäßig auf einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen. Damit handelt es sich damit um "Dauerschuldverhältnisse". Deren fristlose Kündigung bemisst sich nach § 314 BGB ("Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund").

Nach § 314 Abs. 1 BGB kann jeder Vertragsteil, also sowohl das Fitnessstudio als auch der Kunde, einen Fitnessvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist fristlos aus wichtigem Grund kündigen. Dabei kommt es darauf an, dass tatsächlich ein wichtiger Grund für die Kündigung nachgewiesen werden kann.

Details zur Kündigung an sich: siehe Text "Kündigung von Verträgen mit Fitnessstudios - fristgemäße ordentliche Kündigung".

 

2. Was ist ein wichtiger Grund?


Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn der kündigenden Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer ordentlichen und fristgerechten Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Ausschlaggebend ist eine Abwägung der Interessen beider Parteien. Das Interesse der kündigenden Partei an der Kündigung muss überwiegen. Im Idealfall werden bereits im Aufnahmeformular eventuell in der Person des Kunden in Betracht kommende Kündigungsgründe ausdrücklich vereinbart.

 

3. AGB können fristloses Kündigungsrecht nicht ausschließen oder beschränken


Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund kann auch nicht durch allgemeine Geschäftsbedingungen des Fitnessstudios ausgeschlossen werden. Das Fitnessstudio kann sich in seinen AGB auch nicht vorbehalten, "die Möglichkeit einer Vertragsaufhebung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen" selbst prüfen zu dürfen (BGH Urteil v. 23.10.1996, XII ZR 174/95, bei ärztlichem Attest).

 

4. Welche Kündigungsfristen sind einzuhalten?


Bei der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gibt es keine gesetzlich normierte Kündigungsfrist (Ausnahme Arbeitsverhältnisse: § 626 II BGB = 2 Wochen). Das Gesetz spricht ansonsten allgemein davon, dass der zur Kündigung Berechtigte nur "innerhalb einer angemessenen Frist kündigen kann, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat" (§ 314 III BGB).

Allgemein werden Kündigungsfristen von zwei Wochen zugestanden. Sie beinhalten zudem eine gewisse Überlegungs- und Entscheidungsfrist, in der der Berechtigte die Gründe für und gegen eine Kündigung abwägen kann. Je länger er zuwartet, desto mehr verblasst der wichtige Grund und desto eher ist ihm ein Festhalten am Vertrag zuzumuten. Sein Kündigungsrecht "verwirkt". Es empfiehlt sich, die Kündigung möglichst umgehend auszusprechen. 

 

5. Wann ist eine Abmahnung erforderlich?


Geht es um die Verletzung einer vertraglichen Pflicht, muss der Kündigung eine Abmahnung vorgeschaltet werden. Eine Abmahnung beinhaltet die Aufforderung an die vertragsverletzende Partei, eine beanstandete Situation innerhalb einer angemessenen Frist zu bereinigen. Erfolgt keine Abhilfe, wird gekündigt. Die Abmahnung ist entbehrlich, wenn die andere Partei die Abhilfe ernsthaft und endgültig verweigert oder die Situation so schwerwiegend ist, dass eine Abmahnung nicht interessengerecht wäre (§§ 314 II, 323 II BGB).

Beispiel: Der Kunde hat den Fitnessvertrag nur deshalb abgeschlossen, weil das Fitnessstudio mit Öffnungszeiten von 6.00 Uhr morgens bis 24.00 Uhr warb. Der Kunde kann arbeitsbedingt nur von 6 bis 7 Uhr trainieren. Verschiebt das Fitnessstudio die Öffnungszeit von 6 Uhr auf 8 Uhr, verletzt es seine Vertragspflicht, auf deren Basis Kunde den Vertrag abgeschlossen hatte. Eine Ausnahme besteht dann, wenn sich das Fitnessstudio in seinen AGB unter Angabe von Gründen (z.B. mangelnde Nachfrage) eine Änderung der Öffnungszeiten vorbehalten hat.

 

6. Welche wichtigen Gründe sind anerkannt?


Will der Kunde fristlos kündigen, muss er den wichtigen Grund bezeichnen. Dies sollte möglichst detailliert und unter Nachweisen geschehen. Als Gründe für eine außerordentliche fristlose Kündigung hat die Rechtsprechung (immer im Hinblick auf eine Interessenabwägung) anerkannt:

a. Dauerhafte Erkrankung


Erkrankt der Kunde dauerhaft, kann er fristlos kündigen. Zum Nachweis muss er eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, aus der hervorgeht, dass er dauerhaft kein Krafttraining oder Sport mehr betreiben kann. Das Fitnessstudio kann nicht verlangen, dass sich der Kunde bei einem Amtsarzt oder einem speziell für das Fitnessstudio tätigen Arzt vorstellt. Der Kunde ist nicht verpflichtet, die Art seiner Krankheit zu offenbaren. Maßgebend ist das Attest. Ist die Krankheit vorübergehend, hat der Vertrag Bestand. Hier bieten Fitnessstudios regelmäßig eine Befreiung von der Zahlungspflicht an und führen den Vertrag nach Ende der Erkrankung fort.

Schließt eine AGB-Klausel bei Krankheit generell das Kündigungsrecht aus, ist sie unwirksam. Sie ist unangemessen (OLG Hamm, Az.: 17 U 2/91, Urteil v. 10.10.1991).

b. Unmöglichkeit sportlicher Betätigung


Ist der Kunde aufgrund seines psychischen oder physischen Zustandes außerstande, sich sportlich zu betätigen (Gebrechen), kann er kündigen, sofern die Gegebenheiten nicht vorhersehbar waren (AG Rastatt NJW-RR 2002, 1280). Ansonsten liegt es in seinem Risikobereich, ob er das Angebot nutzen kann.

c. Wohnungswechsel/Umzug


Der Umzug ist ein fristloser Kündigungsgrund, wenn es dem Kunden örtlich unzumutbar ist, das Studio aufzusuchen. Hätte der Vertrag Bestand, könnte er trotz Zahlung des vollen Entgeltes keine Leistungen des Fitnessstudios mehr in Anspruch nehmen (AG Hamburg-Wandsbek, Urteil v. 29.10.1998, 716 C 421/98). (AG München, Urteil v. 17.12.2008, 212 C 15699/08 für Umzug von München nach Wien, openJur 2012, 97250). Teilweise wird auf eine Zumutbarkeitsgrenze von bis 20 Kilometer abgestellt.

Ist das Fitnessstudio Teil einer Kette und bietet auch am neuen Wohnort seine Leistung an, überwiegt dessen Interesse am Festhalten des Vertrages. 

d. Schwangerschaft


Bei Schwangerschaft ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Schwangerschaft ist ein vorübergehender Zustand. Oft wird lediglich das Ruhen des Vertrages angeboten. Im Zweifel besteht kein Kündigungsgrund.

e. Änderungen auf Seiten des Fitnessstudios


Zieht das Fitnessstudio um oder ändert sein Leistungsangebot, kann der Kunde kündigen, wenn er den Vertrag auf der Grundlage dieser Gegebenheiten und im Vertrauen auf deren Fortbestand abgeschlossen hat. Vorbehalte in den AGB dürfen den Kunden nicht unangemessen benachteiligen.

Die AGB-Klausel: "Die vertraglichen Verpflichtungen werden durch den Verkauf oder die Verlegung des Sportstudios innerhalb des Stadtgebietes nicht berührt" ist unwirksam. Sie ist zu pauschal und berücksichtigt nicht die Interessen des Kunden (LG Dortmund, Az.: 8 O 318/90).

Fazit: Letztlich kommt es auf die Abwägung der beiderseitigen Interessen an und inwieweit ein bestimmter Grund dem Risikobereich einer Partei zuzuordnen ist. Ausschlaggebend ist mithin die Begründung des wichtigen Grundes.

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